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E-Dienstestrategie für ländliche Räume: Ohne geht es nicht?

In den letzten Jahren gab es in Deutschland diverse Anstrengungen und Förderungen zum Breitbandausbau, insbesondere in ländlichen Räumen. Gleichfalls sind auf der kreiskommunalen Ebene bspw. zahlreiche Aktivitäten zur Digitalisierung innerhalb der Verwaltung erfolgt, wie die Einführung der elektronischen Akte, Online-Auftritte der Verwaltung, elektronische Beteiligungen oder vereinzelte Online-Bürgerdienste. Insgesamt gibt es also zahlreiche Aktivitäten in Sachen Digitalisierung, jedoch fehlt häufig ein geschlossener Gesamtansatz, wie Digitalisierung in welchen Bereichen bzw. Politikfeldern auf der kreislichen sowie darunterliegenden gemeindlichen Ebene wirken kann.

Daher wird vielfach mehr oder weniger “herumexperimentiert“, so dass sich vieles im Bereich des “Zufälligen“ bewegt. Doch ein Vorwurf an die Praxis ist dabei unangebracht, da die systematische Erschließung von Digitalisierungspotenzialen für ländliche Räume bis heute weitestgehend fehlt und auch die Wissenschaft bisher nicht viel zu “bieten hat“. International wird zwar vergleichsweise umfassend zum Thema Smart Cities geforscht, allerdings ist dabei vieles eher “alter Wein in neuen Schläuchen“ oder nicht selten bloßes Marketing für IT-Unternehmen. Hinzu kommt: Erfolgreiche Ansätze – wie Smart City – auf ländliche Regionen zu übertragen (häufig „E-Region“ oder „Smart Region“ genannt), funktioniert häufig nicht, wie viele Versuche zeigen.

Auf dem Land stellen sich andere Herausforderungen und Fragen; bspw. wie Abwanderung gestoppt werden kann, wie Arbeitsmöglichkeiten geschaffen, Bildungsangebote und die medizinische Versorgung aufrechterhalten werden können oder wie mit eingeschränkten Verkehrsinfrastrukturen umzugehen ist. Um ländliche Raumproblematiken, die sich insbesondere aus den demografischen Veränderungen ergeben, zu reduzieren, bedarf es zunächst einmal der Erkenntnis, dass Digitalisierung mehr als nur die Bereitstellung von Breitband erfordert. Es bedarf einer umfassenden „digitalen Raumplanung“ in relevanten Politikfeldern wie z.B. u.a. Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Arbeit. Mit anderen Worten, auch der virtuelle Raum muss entsprechend geplant, gesteuert und organisiert werden. Aus arbeitsplatznahen Untersuchungen ergibt sich, dass in Praxisprojekten die bewusste Gestaltung der Arbeitsorganisation kaum eingeplant wird bzw. vorkommt. Allenfalls wird auf Technikgestaltung und -akzeptanz geschaut. Arbeitsorganisation wird zur unbestimmten Restgröße, die sich mehr oder weniger als Zufallsprodukt ergibt. So sind die empirischen Befunde aus E-Akte-Projekten, bei denen nach Einführung mehr gedruckt wird als zuvor, Prozesse länger dauern als zuvor und der Arbeitsaufwand erheblich zugenommen hat, nicht verwunderlich.

Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht notwendig, die systematische Erschließung von Digitalisierungspotenzialen voranzutreiben und zu ermitteln, ob bzw. welche Digitalisierungsstrategien und konkreten Dienste geeignet sind, den demografischen Herausforderungen und Problemlagen in ländlichen Räumen effektiv und effizient zu begegnen. Diese Betrachtung ist einerseits auf einzelne Politikfelder zu beziehen und andererseits auf das gesamte Kreisgebiet bzw. auf eine Region. Ziel sollte dabei sein, auf der Basis von Daten in einer Region/in einem Kreis und der dort vorhandenen Akteure systematisch eDienste abzuleiten, die eine besonders hohe Priorität für die Region bzw. für den Landkreis einnehmen.

Gefragt ist insbesondere nicht-technische Gestaltungsarbeit, die mit jeder neuen Technikgeneration neu zu beantworten ist. Allerdings: Jede neue Technikgeneration bringt wieder neue (manchmal auch alte) Generationen von „Evangelisten“ hervor, die nun glauben, dass genau diese Techniken alle Probleme der Verwaltung nun lösen wird. Ernüchterung muss zwangsläufig die Folge sein! Weder Blockchain, um den aktuellen Hype zu erwähnen, noch irgendeine andere Technologie wird von sich heraus irgendetwas in der Verwaltung verändern und Transformation bewirken. Ernüchterungen sind vorprogrammiert, ob Einheitlicher Ansprechpartner oder Open Government. Hinzukommt: Digitalisierung braucht Politik mit deren Unterstützung, weil sonst die Digitalisierungspotenziale kaum zu heben sind. Dabei geht es mehr als nur darum, den rechtlichen Rahmen und Ressourcen bereitzustellen, sondern Handlungsmaximen, Werte und Strategien zu entwickeln, die Orientierung und Unterstützung – auch für die Beschäftigten bieten, die tagtäglich an der Umsetzung arbeiten; allerdings ohne technizistische Schlagseite.